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Die »Lose Lose Logik« – oder: Wie Täter jede Reaktion und Nichtreaktion gegen das Opfer wenden

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Die »Lose Lose Logik« – oder: Wie Täter jede Reaktion und Nichtreaktion gegen das Opfer wenden

#Gütersloh, 11. August 2025

Es gibt Konflikte, die lassen sich nicht lösen, weil es nicht um Lösungen geht. Sie funktionieren nach einem Prinzip, das man »Lose Lose «Logik nennen könnte: Ganz gleich, wie das Opfer reagiert, es reagiert falsch – und diese »Falschheit« wird sofort zur neuen Anklage.

Das Muster ist alt, aber wirksam

  • Spricht man Mobbing oder Ausgrenzung an, heißt es »Du externalisierst, du schiebst die Schuld ab.«
  • Ignoriert man es, heißt es »Du bist überheblich und ignorant.«
  • Sagt man »Dann haben sie gewonnen«, heißt es »Du bist machtbesessen, dir geht es nur ums Gewinnen.«

So wird jede mögliche Handlung – inklusive der Untätigkeit – umgedeutet, bis nicht mehr das Verhalten der Täter im Mittelpunkt steht, sondern dein Umgang damit. Das ursprüngliche Problem verschwindet aus dem Blick.

Der #Eklektische #Zerfall

Diese Logik ist Teil eines größeren kulturellen Prozesses, den man, mit einem treffenden Begriff, Eklektischen Zerfall nennen kann. #Kultur, #Respekt, #Anstand und #Sitte – lange Zeit gesellschaftliche Selbstverständlichkeiten – zerbröckeln nicht plötzlich, sondern Stück für Stück. Was bleibt, sind Bruchstücke, die willkürlich neu kombiniert oder ganz fallengelassen werden. Die gemeinsame Basis, auf der wir Konflikte fair lösen könnten, existiert nicht mehr.

Im Extrem endet dieser Prozess dort, wo nur noch das Feindbild zählt. Dann ist nicht mehr das Verhalten entscheidend, sondern die Zugehörigkeit zur richtigen oder falschen Seite. Der »Böse« ist immer schuld – und diese Schuld rechtfertigt jedes Vorgehen.

Das perfide Spiel der Gesprächsangebote

In diesem Klima wirken selbst scheinbar positive Gesten wie »Gesprächsangebote« oft nur wie ein weiterer Zug auf dem »Lose Lose Spielbrett«. Ohne klare Themen, ohne Problemdefinition und ohne Ziel sind solche Angebote keine Einladung zum #Dialog, sondern ein Mittel zur #Machtausübung: Sie erzeugen den Anschein, der #Ausgegrenzte wolle ja gar nicht reden – und machen ihn so erneut zum #Schuldigen.

Strategisches Ignorieren

Ignorieren ist nicht gleich Ignorieren. Passives Ignorieren heißt: wegsehen, laufen lassen, hoffen, dass es vorbeigeht. Strategisches Ignorieren heißt: dokumentieren, nicht jede Provokation bedienen, andere Kanäle nutzen – juristisch, journalistisch, öffentlich – und vor allem: die eigene Agenda setzen. Letzteres ist keine Kapitulation, sondern eine Form von Selbstschutz und Ressourcenmanagement. Es entzieht Tätern den unmittelbaren Lohn – die Reaktion – und behält zugleich das eigentliche Problem im Fokus.

»Lose Lose Logik« funktioniert nur, wenn man die Spielregeln der Gegenseite akzeptiert. Wer seine eigene Agenda behält, strategisch ignoriert und gleichzeitig dokumentiert, entzieht dem Spiel die Grundlage. Das erfordert #Klarheit, #Ausdauer – und die Bereitschaft, sich nicht in #Nebendebatten ziehen zu lassen, in denen plötzlich nicht mehr der Übergriff, sondern die Reaktion auf den Übergriff zum Hauptproblem erklärt wird.

Am Ende ist das die wirksamste Form des Widerstands: nicht zulassen, dass andere definieren, worum es in der Auseinandersetzung überhaupt geht. Die Agenda darf nicht von Tätern gesetzt werden.