Journal Lesetipps Wiki E-Mail info@sokrates.jetzt

Neuester Artikel im Sokrates Jetzt Journal: »Das Gesetz des Schwarms (Eine Parabel mit dem Antihering)«

Gaslighting als Methode

Foto: Brett Sayles, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen

Gaslighting als Methode

  • Wie strukturelle Ausgrenzung psychologisch normalisiert wird

Es sind oft nur kleine Sätze.

»Sprich doch einfach mit ihm.«

»Vielleicht war das ja gar nicht so gemeint.«

»Du musst das nicht so persönlich nehmen.«

Solche Formulierungen klingen harmlos, verständnisvoll, ja sogar hilfsbereit. Doch in einem Klima systematischer Ausgrenzung sind sie alles andere als neutral. Sie verschieben die #Realität – subtil, aber wirksam. Sie entlasten die #Täterseite, delegitimieren die #Wahrnehmung der #Betroffenen und machen strukturelle #Ungleichbehandlung zu einer #Frage der individuellen #Kränkung. Genau das ist #Gaslighting.

Was ist Gaslighting

Der Begriff stammt ursprünglich aus einem #Theaterstück – später verfilmt unter dem Titel »Gaslight« – in dem ein Mann gezielt die Wahrnehmung seiner Frau manipuliert, bis sie an sich selbst zweifelt. Heute steht der Begriff für eine #Strategie #psychologischer #Gewalt, bei der Menschen wiederholt suggeriert wird, ihre #Wahrnehmung sei falsch, übertrieben oder irrational – oft durch gezielte #Verdrehung, #Bagatellisierung oder #Umdeutung von Tatsachen.

Was viele übersehen: #Gaslighting findet nicht nur in privaten Beziehungen statt, sondern auch auf gesellschaftlicher, institutioneller und struktureller Ebene. Dort wirkt es besonders nachhaltig – vor allem dann, wenn es von sogenannten »vermittelnden Stimmen« getragen wird. Diese treten nicht offen feindselig auf, sondern vermeintlich ausgleichend: Man solle doch »nicht nachtragend sein«, »die Tür zum Gespräch offenlassen«, »niemanden vorschnell verurteilen«.

Doch wer systematisch ignoriert, benachteiligt oder beleidigt wurde, kennt das Spiel: Es gibt nichts zu verhandeln. Denn #Gleichbehandlung ist kein #Gesprächsangebot, sondern ein verfassungsrechtlicher Anspruch. Und wer es ernstmeint, handelt – ohne Einladung, ohne Vorbehalt.

Die Forderung nach »Dialog« wird in solchen Kontexten zur moralischen #Umkehr. Plötzlich geht es nicht mehr um die #Handlungen der #Ausgrenzenden, sondern um die #Bereitschaft des #Ausgegrenzten, »Frieden zu schließen«. Die strukturelle Ungerechtigkeit bleibt unangetastet, während der Betroffene zum Problem erklärt wird – als »schwierig«, »empfindlich« oder »nachtragend«.

Diese Umkehrung ist das Wesen des gesellschaftlichen Gaslighting.

Es funktioniert nur, wenn alle mitspielen – auch die vermeintlich Unbeteiligten.

Wer dabei zuschaut und schweigt, wer sich »nicht einmischen will«, stabilisiert den Status quo. Wer relativiert oder vermittelt, trägt zur Verdrehung bei. Und wer den Betroffenen erklärt, sie müssten sich »einfach arrangieren«, entzieht ihnen das #Recht auf #Gerechtigkeit.

Deshalb ist der 1. Schritt aus der Gaslighting Spirale, die eigene Wahrnehmung zu schützen. Sich selbst zu vertrauen. Nicht mitzuspielen.

Und das wichtigste Werkzeug gegen die Realitätstäuschung durch soziale Systeme bleibt #Klarheit. #Dokumentation. #Öffentlichkeit.

Denn Gaslighting lebt vom #Zweifel – und stirbt am #Licht.