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Die Kunst des Siegens – Schopenhauers Eristische Dialektik im Spiegel der Zeit
#Gütersloh, 10. August 2025
In der Welt der Philosophie ist Arthur Schopenhauer für seine scharfsinnigen Analysen und seine oft provokanten Thesen bekannt. Mit seinem Werk »Eristische Dialektik« (1831) betrat er jedoch ein Terrain, das weit über die klassischen Grenzen der Philosophie hinausging: die Kunst des Streitens. Schopenhauer betrachtete das Streitgespräch nicht nur als intellektuelle Auseinandersetzung, sondern als ein Schlachtfeld rhetorischer Manöver, auf dem es nicht primär um die Wahrheit, sondern um den Sieg ging. Mit 38 sogenannten »Kunstgriffen« (Taktiken) legte er eine Sammlung von Strategien vor, die darauf abzielten, in Diskussionen immer als Sieger hervorzugehen – unabhängig davon, ob man tatsächlich im Recht war.
Die 38 Kunstgriffe – ein Überblick
Die Kunstgriffe Schopenhauers sind vielfältig und reichen von subtilen rhetorischen Kniffen bis hin zu offensichtlichen Täuschungsmanövern. Einige der bemerkenswertesten Taktiken …
Erweiterung: Man verallgemeinert die Position des Gegners, um sie leichter angreifen zu können.
Homonymie: Man nutzt die Mehrdeutigkeit von Begriffen aus, um den Gegner in die Irre zu führen.
Verabsolutierung: Man stellt die Position des Gegners als absolut dar, um sie als unrealistisch erscheinen zu lassen.
Euphemismen und Dysphemismen: Man verwendet wertende Begriffe, um die Position des Gegners positiv oder negativ darzustellen.
Mehr zugestehen lassen als nötig: Man lässt dem Gegner mehr zu, als er eigentlich zugestehen sollte, um ihn später in eine ungünstige Position zu bringen.
Argumentum ad hominem: Man greift nicht die Argumente des Gegners an, sondern seine Person, um seine Glaubwürdigkeit zu untergraben.
Simuliertes Argument: Man präsentiert scheinbar komplexe Argumente, die jedoch inhaltsleer sind, um den Gegner zu verwirren.
Behauptung mit dem Beweis widerlegen: Man widerlegt den Beweis des Gegners, um seine gesamte Position zu disqualifizieren.
Der #Humor in der Eristischen #Dialektik
Obwohl Schopenhauer die Eristische Dialektik als ernsthafte Anleitung zum Sieg in Diskussionen verstand, lässt sich in vielen seiner Kunstgriffe ein humorvoller Unterton erkennen. Die Übertreibung, die Ironie und die oft absurde Logik machen die Lektüre nicht nur lehrreich, sondern auch unterhaltsam. In gewisser Weise könnte man sagen, dass Schopenhauer die Kunst des Streitens mit einem Augenzwinkern betrieb.
Die #Eristische Dialektik bleibt ein faszinierendes Werk, das nicht nur die Mechanismen von Streitgesprächen offenlegt, sondern auch einen Einblick in die menschliche #Psyche gibt. Ob man die beschriebenen Taktiken nun als Anleitung oder als Warnung versteht, bleibt dem Leser überlassen. In jedem Fall zeigt #Schopenhauer auf meisterhafte Weise, wie man in der Kunst des Streitens immer einen Schritt voraus sein kann.
Ausweichen auf einen Nebenpunkt: Das Thema wechseln, um dem Kernargument auszuweichen.
Verallgemeinerung (Erweiterung): Die Aussage des Gegners so weit ausdehnen, dass sie angreifbar wird.
Homonymie: Begriffe absichtlich mehrdeutig verstehen.
Verabsolutierung: Die Position des Gegners als absolut oder dogmatisch darstellen.
Unklare Begriffe (Schwammige Definitionen): Vage Begriffe benutzen, die unterschiedlich interpretiert werden können.
Einrede ad hominem: Angriff auf die Person statt auf das Argument.
Ad personam circumstantiale: Dem Gegner persönliche Umstände oder Absichten unterstellen.
Nicht beantworten: Auf eine Frage nicht eingehen oder ausweichen.
Widerspruch als Beweis: Einen Widerspruch beim Gegner behaupten, ohne ihn zu zeigen.
Das angebliche Gegenteil beweisen: Den Gegner zwingen, das Gegenteil seiner Behauptung zu beweisen.
Mehr zugestehen als nötig: Dem Gegner mehr einräumen, um ihn später zu überführen.
Ein Argument ins Lächerliche ziehen: Mit Übertreibung oder Spott die Position schwächen.
Trugschluss des Strohmanns: Die Position des Gegners verzerren und dann angreifen.
Unerwartete Wendung (Zirkelschluss): Mit einem Argument das eigene Vorurteil bestätigen.
Einbildung von Autorität: Sich selbst oder andere als Autorität darstellen, ohne es zu sein.
Ablenkung: Mit Nebenthemen vom eigentlichen Thema ablenken.
Ignorieren: Argumente des Gegners einfach übergehen.
Lügen: Fakten falsch darstellen oder erfinden.
Schlechtes Beispiel anführen: Ein unpassendes Beispiel als Beweis vorlegen.
Unangemessene Verallgemeinerung: Von Einzelfällen auf das Ganze schließen.
Umkehrung der Beweislast: Dem Gegner die Pflicht auferlegen, die eigene Behauptung zu widerlegen.
Anekdoten statt Fakten: Einzelne Geschichten als Beweis anführen.
Widersprüchliche Argumente vorbringen: Ohne Begründung plötzlich widersprüchliche Aussagen machen.
Simulierte Argumente: Kompliziert klingende, aber inhaltsleere Argumente bringen.
Appell an die Gefühle: Statt mit Vernunft auf Emotionen setzen.
Behauptung trotz Gegenbeweis: Auch wenn widerlegt, bei der eigenen Meinung bleiben.
Unterstellung: Dem Gegner Gedanken oder Motive unterstellen.
Drohen: Mit negativen Konsequenzen drohen, um einzuschüchtern.
Ironie und Spott: Sarkastisch werden, um den Gegner lächerlich zu machen.
Wechsel der Definition: Begriffe im Laufe des Gesprächs anders definieren.
Verwendung von Fachchinesisch: Den Gegner mit schwer verständlichen Begriffen überfordern.
Widersprüche ignorieren: Eigene Widersprüche einfach übersehen.
Mit Autoritäten kokettieren: Andere Experten oder Quellen anführen, ohne Bezug zum Thema.
Langweilen: Den Gegner ermüden, bis er aufgibt.
Beharren auf der eigenen Meinung: Auch wenn unlogisch, nicht nachgeben.
Gegenfragen stellen: Statt zu antworten selbst Fragen stellen, um zu verwirren.
Verwirrung stiften: Das Thema so kompliziert machen, dass niemand mehr durchblickt.
Endgültige Schlussfolgerung fordern: Trotz offener Fragen auf einen Abschluss drängen.