Journal Lesetipps Wiki E-Mail info@sokrates.jetzt

Neuester Artikel im Sokrates Jetzt Journal: »Das Gesetz des Schwarms (Eine Parabel mit dem Antihering)«

»Es liegt an deiner Einstellung« – wenn Mitläufer zu Mittätern werden

Foto: Mikhail Nilov, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen

»Es liegt an deiner Einstellung« – wenn #Mitläufer zu #Mittätern werden

#Gütersloh, 10. August 2025

In Situationen struktureller Ausgrenzung oder gezielten Mobbings gibt es oft nicht nur #Täter und #Opfer – sondern auch einen 3. Typus Mensch: die vermeintlich »neutralen« Beobachter. Sie geben sich als Vermittler, als außenstehende, rationale Stimmen. Doch ihre scheinbare #Neutralität ist selten harmlos – sie wirkt wie eine #Tarnkappe der #Bequemlichkeit, unter der sich häufig #Ignoranz, #Feigheit und subtiler #Zynismus verbergen.

Ein klassischer Satz aus diesem Lager lautet: »Es liegt an deiner Einstellung«

Was wie ein freundlicher Rat klingt, ist in Wahrheit eine perfide Verkehrung der Realität. Wer so spricht, tut 3 Dinge gleichzeitig.

1. Er erklärt das #Opfer zum #Problem. Die strukturelle Gewalt, das Ausgrenzungssystem, die gezielte Demütigung – all das wird unsichtbar gemacht. Stattdessen wird suggeriert, dass die betroffene Person selbst Schuld trage – durch ihr Denken, Fühlen, Verhalten.

2. Er exkulpiert die Täter. Wer das Verhalten der Mobber nicht benennt – ja nicht einmal bereit ist, sie als solche zu identifizieren – schützt sie.

3. Er spricht aus einer Position der #Bequemlichkeit. Denn wer sich nicht mit den realen Strukturen des Mobbings befassen will, greift lieber zu simplen psychologischen Deutungen: Einstellung. Sensibilität. Eigenverantwortung. All das spart Analyse – und Haltung.

Dabei zeigt sich ein wiederkehrendes Muster: Diese Menschen wissen gar nicht, was tatsächlich vorgefallen ist. Sie waren nicht dabei, haben die Zusammenhänge nicht verfolgt, verstehen die sozialen Dynamiken nicht – und doch urteilen sie. Und wenn man ihnen widerspricht, zuckt die Antwort oft lapidar zurück: »Ich wollte doch nur helfen.«

Ihre Urteile sind dabei oft nicht böse gemeint, aber sie sind gefährlich. Denn sie fügen sich nahtlos in das #Mobbing ein, das sie angeblich nicht unterstützen.

»Das Gegenteil von gut ist gut gemeint«, Kurt #Tucholsky.

Was bleibt, ist ein Gefühl tiefer Enttäuschung. Man hatte gehofft, auf Verständnis zu stoßen – auf #Solidarität, #Empathie, wenigstens Zuhören. Stattdessen trifft man auf einen Satz wie: »Vielleicht liegt es ja an dir.«

Neutralität in Situationen von Unrecht ist keine Tugend.Sie ist ein Verrat.

»In Zeiten der Unordnung ist das neutrale Verhalten eine Parteinahme für das Bestehende«, Albert #Camus.

»In Situationen von Unrecht ist Neutralität keine Option. Wer neutral bleibt, stellt sich auf die Seite der Täter«, #Hannah #Arendt (zugeschrieben).

»The standard you walk past is the standard you accept«, David Morrison.

»All that is necessary for the triumph of evil is that good men do nothing«, Edmund Burke (zugeschrieben).

»Wer schweigt, stimmt zu«, Sprichwort.

»Wenn du #Unrecht siehst und schweigst, machst du dich zum #Komplizen«, Elie Wiesel.

Wer sich nicht positioniert, positioniert sich trotzdem – und zwar fast immer auf der Seite der #Macht

Denn genau das ist das Ziel der Täter: Unsichtbar zu bleiben. Ihre Handlungen zu verharmlosen. Die Verantwortung umzulenken. Und sie nutzen jede Gelegenheit, das Opfer zu diskreditieren – selbst über Dritte. Wenn dann jemand sagt: »Ich weiß ja nicht, wer hier Täter und wer Opfer ist …«, dann ist das nicht neutral. Es ist eine Entscheidung, sich mit dem Machtgefälle nicht zu befassen – und es somit zu legitimieren.

Mobbing ist nie nur eine Sache zwischen 2 Personen und dem #Mob. Es ist ein soziales Geschehen. Es funktioniert nur, weil andere mitmachen – oder wegsehen.

»Die Welt wird nicht zerstört von denen, die Böses tun, sondern von denen, die ihnen dabei zusehen, ohne etwas zu tun«, Albert Einstein (zugeschrieben).