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Neutralität ist Parteinahme – eine Linie von der Antike bis heute

Foto: Valeria Ushakova, Informationen zu Creative Commons (CC) Lizenzen

Neutralität ist Parteinahme – eine Linie von der Antike bis heute

#Gütersloh, 15. August 2025

#Neutralität klingt edel. #Unparteiisch sein, die Dinge von außen betrachten, allen Seiten zuhören – das sind Werte, die in vielen Kontexten hochgehalten werden. Doch in Situationen von #Unrecht, #Gewalt oder #Ausgrenzung ist »Neutralität« keine Tugend, sondern eine Form der Mittäterschaft. Dieser Gedanke ist kein modernes Moralexperiment – er zieht sich durch die #Geschichte der #Philosophie, #Politik und #Ethik.

Antike Wurzeln – keine #Unschuld im #Nichtstun

Bereits die frühen Historiker und Denker der Antike erkannten es. #Thukydides, »Melier Dialog«: »Die Mächtigen tun, was sie können, und die Schwachen leiden, was sie müssen. Wer nicht aktiv Widerstand leistet, akzeptiert das Recht des Stärkeren.« #Cicero, »De officiis«: »Qui non prohibet, cum prohibere possit, iubet. (»Wer nicht hindert, wenn er hindern kann, befiehlt.«) – Passivität ist ein stilles Einverständnis.«

Religiöse Traditionen – #Schweigen als Zustimmung

Auch in religiösen Texten taucht die Logik auf. #Talmud: »Schweigen angesichts von Unrecht wird als Zustimmung gewertet.« #Jakobusbrief 4, 17: »Wer das Gute tun kann und tut es nicht, der sündigt.«

#Neuzeit – das #moralische #Minimum

In der Aufklärung und danach wird Neutralität in Unrechtsfragen zunehmend als moralisches Versagen beschrieben Edmund Burke (1729 bis 1797): »Das Einzige, was das Böse braucht, um zu triumphieren, ist, dass gute Menschen nichts tun.« John Stuart Mill: »Passivität bei der Verteidigung anderer Rechte ist ein Bruch des sozialen Vertrags.«

20. Jahrhundert – #Totalitarismus und die #Illusion der #Neutralität

#Hannah #Arendt: »Neutralität gegenüber Unrecht ist Zustimmung zum Status quo – und dieser ist immer zugunsten der Mächtigen.« #Elie #Wiesel: »Neutralität hilft dem #Unterdrücker, niemals dem #Opfer.« Diese Stimmen sind nicht theoretisch, sondern entstanden aus Erfahrungen mit Faschismus, Apartheid und ethnischen Säuberungen.

Heute – #Mobbing, #soziale #Gewalt und die stille #Mehrheit

Im #Mikrokosmos moderner Gesellschaften zeigt sich dieselbe Dynamik: Wer in Mobbingstrukturen »neutral« bleibt, bestätigt das Bild, das die Täter vom Opfer zeichnen. Im therapeutischen Setting kann vermeintliche Neutralität – etwa durch #Deutungsflucht oder #psychologisches #Gaslighting im #weißen #Kittel – zu einer sekundären #Viktimisierung führen.

#Neutralität mag in #Debatten ein Wert sein. In Situationen, in denen ein Mensch oder eine Gruppe klar benachteiligt, verletzt oder ausgegrenzt wird, ist #Neutralität #Parteinahme – nur ohne das #Rückgrat, es offen zuzugeben.