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Die Unsichtbarkeit des Bösen – Mobbing und Narzissmus
#Gütersloh, 8. November 2025
Es gibt eine Form des #Bösen, die keine Spuren hinterlässt – weil sie nicht laut, sondern leise geschieht. Nicht im Schlag, sondern im Blick. Nicht im Wort, sondern im Weglassen.
#Mobbing ist die #Kunst der unsichtbaren Wunde. Seine Logik: Das #Opfer sieht alles – die anderen wenig oder nichts. Die #Außenstehenden sehen nur #Details. Vermeintliche #Zufälle, Einzelfälle oder Missverständnisse. Und weil jedes #Detail für sie erklärbar ist (oder ihnen sogar erklärt wird), erscheint das Ganze unvorstellbar.
Das Opfer aber sieht das Ganze. Doch das Ganze lässt sich nicht erzählen. Es würde Stunden dauern. Tage vielleicht. Und selbst dann klänge es übertrieben, unglaubwürdig, verrückt.
So entsteht die doppelte Einsamkeit: Die Einsamkeit des Angriffs – und die Einsamkeit, nicht geglaubt zu werden.
Man kann nicht beweisen, was einem entzogen wird: das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung. #Gaslighting nennt man das in der #Psychologie. Aber eigentlich ist es #Philosophie – eine grausame. Denn es zerstört das Fundament jeder Erkenntnis: dass wir glauben dürfen, was wir sehen.
Mobbing ist nicht nur sozialer Schmerz, sondern #epistemischer. Es entreißt dem Menschen seine Sicherheit, dass die Welt zusammenhängt. Es macht ihn zum Fremden in seiner eigenen Erfahrung.
Vielleicht beginnt #Heilung dort, wo jemand zuhört, ohne zu urteilen. Wo man das Unsichtbare nicht sofort erklären will, sondern stehenlässt – als Möglichkeit, als Wahrheit, als Mensch.
Denn nicht alles, was man nicht sieht, ist nicht da. Manches verschwindet nur, weil niemand mehr hinsieht.
Wie die #Taktiken der #Mobber absolut zuverlässig funktionieren
Die Taktiken von Mobbern (und Narzissten) leben vor allem von #Gerüchten, #Verleumdungen und #Übler #Nachrede. Aber immer unterhalb jeder #Nachweisbarkeitsgrenze, unterhalb jeder #Strafbarkeitsgrenze und unterhalb jeder #Widerlegbarkeit.
Zu den Klassikern gehören Vorwürfe wie »Es gab vergangene Vorkommnisse« oder Totschlagargumente wie »Wenn Sie immer alles nur negativ sehen, dann brauchen Sie sich nicht zu wundern«. Hier bräuchte das #Strafrecht eine neue #Kategorie, denn die klassischen Tatbestände wie Beleidigung, Verleumdung, Üble Nachrede greifen nicht. Es müsste eine Gesamtbetrachtung erfolgen.
Zwischen #Recht und #Wirklichkeit
Natürlich ist das in der Praxis kaum vorstellbar. Wie sollte ein Verfahren aussehen, das jahrelanges Mobbing vollumfänglich erfasst, analysiert, beweist? Wer sollte die unzähligen kleinen Szenen, Andeutungen, Gespräche, Gerüchte rekonstruieren – über Monate, vielleicht Jahre hinweg? Es wäre ein #Ermittlungsaufwand und #Justizaufwand von absurdem #Ausmaß. Und all das »nur«, weil jemand sagt: »Ich werde seit Jahren umfassend gemobbt.«
Das ist das #Dilemma: Das, was Mobbing zerstört – das Vertrauen, die Sprache, die soziale Wirklichkeit – ist genau das, was ein Gericht bräuchte, um darüber zu urteilen. Es lässt sich nicht nachweisen, weil es nicht auf einzelne Taten zielt, sondern auf die Struktur dazwischen. Jeder einzelne Moment ist zu klein, zu harmlos, zu vage – erst in der Gesamtheit entsteht das System. Aber das Strafrecht kennt keine »Gesamtheit«, es kennt nur Tatbestände.
So bleibt Mobbing die unsichtbare Zone zwischen #Moral und #Gesetz, zwischen Erfahrung und Beweis.
Vielleicht wäre das die ehrlichste Antwort: Nicht das Recht muss größer werden – sondern unser Bewusstsein. Wir brauchen keine neuen Paragraphen, sondern eine neue Aufmerksamkeit. Eine Gesellschaft, die gelernt hat, feine Muster zu erkennen, bevor sie Schaden anrichten. Die nicht nur auf das Lauteste reagiert, sondern auf das Leise hört. Die versteht, dass Unrecht nicht erst dann beginnt, wenn es strafbar wird.
Denn das, was das #Recht nicht erfassen kann, muss die #Kultur begreifen lernen.